„Schnauze, Hipster!“ oder „Ein kleines Plädoyer (für und) wider die E-books.“

23 Sept

Ich reg mich gerne auf, gerade über dumme Leute, die blind und unreflektiert jedem Trend hinterherrennen und alles, was nicht modern ist, hinter sich schmeißen, sobald es was cooleres, hipperes, technisch „besseres“ gibt.
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Was man gerade in Blogs und Foren in der Diskussion „E-Paper, Ipad und online lesen vs. oldschool Druckerzeugnisse“ zu Gesicht bekommt, lässt einem die Fußnägel hoch rollen, aber in ner Schraube! Ich bin immer offen für neue Techniken, neue Wege der Kommunikation, der Informationsverbreitung und -verarbeitung und mag technische Spielereien.

Aber dieses Gehype, Ipad und Co. habe die Zellulose in 30 Jahren verbannt und klassische Druckerzeugnisse auf Papier hätten den Stellenwert von Vinyls (seltene Liebhaberstücke) in der Gesellschaft inne, geht mir auf meine analogen Eier. Ebenso wie Sprüche wie „Gähn, die Offline-Mafia.“ und Begriffe wie „die Offline-Fundis“ mir gehörig gegen den Strich gehen. Beides so gelesen auf Nerdcore.

Ich weiß sicher, dass das digitale Lesemedium nie über die 50%-Marke kommen wird, aber dennoch ärger ich mich immer wieder, wie sehr Tradition und Klassisches einfach so dem Technikhype zum Opfer fallen scheint.

Dabei geht mir aber auch vor allem die Schwarz-Weiß-Denke auf den Keks, die man immer wieder bemerkt.
Entweder alles Ipad oder gar nichts.

Ich denke, gerade für Fachliteratur, Wissenschaftliche Literatur, Ergebnisse von Studien und studentischen Arbeiten bietet das digitale Medium eine Fülle an Möglichkeiten, allein die interaktiven Bereiche: Man kann Schaubilder, Diagramme, Bilder, Videos einbinden und so dem geschriebenen zuarbeiten. Zudem rocken Volltextsuche und Co. sicherlich, wenn man in einem 2400 Seiten schweres Nachschlagewerk in einem kleinen Tablett innerhalb von 2 Sekunden das gefunden hat, worüber man sich gerade informieren muss.

Ein „Buch“ ist das aber nicht.
Was ich auf einem Reader oder Ipad lese, ist lediglich Text und reine Information, es suggeriert höchstens, es könnte ein Buch sein.
Es sind viele 0 und 1, die sagen, sie seien ein Buch, eine Emulation – eine Emulation, die zudem das große Problem aufwirft, dass sie extrem vergänglich ist.

Es fehlt aber so vieles, was für mich ein Buch ausmacht. Ich fange am besten erstmal beim rein physikalischen Erscheinungsbild an:

Ist es groß, ist es klein? Ist es viereckig, ist es rund? Ist es dick, ist es dünn? Ist es hochkant? Die Reader haben nur ein Format!

Wie schaut der Umschlag aus? Was steht auf dem Deckel, auf dem Rücken, welche Stärke hat das Papier, was für eine Textur? Hat das Buch einen Umschlag, ist er geklappt, wie fühlt sich dieser an?
Die Gestaltungsmöglichkeiten sind so unglaublich vielfältig – das Ipad hat 32bit Farben, ein JPEG-Coverbild, fertig.
Glänzendes Papier, marmoriert und so weiter, all das sind Gestaltungsmöglichkeiten, die nicht nur optisch wirken, sondern auch den Inhalt des Buches einrahmen, unterstreichen und unterstützen.
Banderolen, Lesezeichen – auch alles Gestaltungsbereiche, die wegfallen.

Und zudem, was will ich mit einem Bilderbuch auf dem Ipad?
Da googel ich doch lieber „argentinia + waterfalls“ anstatt mir für 20€ die E-book-Ausgabe eines Bildbandes über Wasserfälle in Argentinien zu kaufen. Analog sieht da die Welt ganz anders aus. Ein schwerer Trumm von Buch, gewaltige 55*35 Zentimeter, 230 Seiten, von schwerer Qualität, hochglänzender Druck, seidenmatter, schwarzer Hintergrund. Der Einband aus dickem, naturbelassenen Papier mit grober Struktur, das Gefühl beim Anfassen suggeriert Natürlichkeit, Weichheit, aber auch urtümliche Kraft.

Geht alles nicht digital. Okay – da könnte man eine interaktive Karte kreieren, die durch Klick auf die einzelnen Spots des Wasserfalls Details offenbart, reinzoomt, rauszoomt, Videos zeigt.
Aber die schlichte Eleganz, das Lesen und erleben mit allen Sinnen fehlt.
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Womit ich zu einem wesentlichen weiteren Teil komme: der Geruch!
Wonach riecht ein Buch? Riecht es alt, riecht es neu, riecht es sauer, riecht es holzig? Der Geruch kann so viel bedeuten, und sei es auch nur der erfrischende, erquickende Geruch, welcher zur Neugierde anregt, wenn man ein neu gekauftes Buch das erste mal sanft knarzend öffnet. Der vertraute Geruch alter Tage, den ich persönlich verspüre, wenn ich die alten Asterixbände meines Vaters lese, die ich als kleines Kind bereits verschlang, nachts mit Taschenlampe und der Decke, fernab der Tatsache, ob ich lesen konnte oder nicht.
Der schwere, süßliche, staubig-holzige Geruch des alten Buchs, welches mit schwerem, würzig und nussig riechenden Leder gebunden wurde – gar respekteinflößend, es strahlt Weisheit aus, das Buch hat viel erlebt! Die zögerlichen Handbewegungen über den Einband, nachdem man es erst schwer aus dem Regal gewuchtet hat und nun über ihm lehnt, vorsichtig die alten Seiten umblättert.

Ich könnte ewig so weiterschreiben.

Bei Romanen sind diese Faktoren wichtiger als bei allem anderen: Wenn etwas, was mich in fremde Welten verschlagen soll, bereits dementsprechend anmutend, vollzieht sich der gewollte Akt viel wohliger, intensiver, angenehmer. Hier zieht der alte Satz „ein gesunder Geist ruht in einem gesunden Körper“ auch. Der richtige Text muss im richtigen Körper hausen!

Bücher stehen zudem für vieles, als Loslösung vom Alltag, Vergessen der hektischen Umwelt, Ablassen der computerisierten Welt.
Wie kann gerade letzteres bewirkt werden, wenn man auf einem Computer liest? Wo einen im besten Falle noch 4 Leute im darauf eingebundenen ICQ-Client anschreiben?

Zudem bewirkt die Gestaltung und Optik eines Buches auch ein spezielles Arbeiten. Der giftige, signalisierende gelbe Umschlag der Reclam-Ausgaben – jeder Schüler kennt sie – lassen jeden Beteiligten des Bildungssystem angsterfüllt zusammenzucken oder – was seltener vorkommt – entzückt schmunzeln. Jeder hat mindestens ein Reclam daheim, irgendwo verstaut zwischen Überresten der Schulzeit, und jeder hat irgendwas an den extra breiten Rand gekritzelt oder markiert. Sei es dem Text zudringlich oder nicht, sei es das TikTakToe mit dem Sitznachbarn oder einfach der Oscar, der über die Mauer guckt.

Fernab dieser Faktoren der Gestaltung, des Körpers zur Seele, der Wirkung und natürlich den Faktoren wie „man braucht Strom, es ist nicht überall verfügbar, es kann ausfallen, es kann kaputt gehen“, die ich hier nicht wie sonst überall zu Genüge erörtern muss, gibt es auch soziale Faktoren und Gefüge, die ein Reader schlecht erfüllen kann:

Was tue ich mit dem ausgelesenen Wälzer?
Geb ich ihn meiner Nachbarin? Lass ich ihn mit einem „Lies mich!“-Zettel in der Bahn oder vor der Uni liegen oder versuche ich ihn auf dem Flohmarkt zu verscheuern?
Oder bastel ich aus den Covern der Lieblingsbücher meines Schatzes eine Rose, welche in jedem Blatt eine weitere kleine Überraschung beherbergt?

Und ich mag auch gefüllte, farblich gefleckte Bücherregale aus optischen Gesichtspunkten! Sowas gehört einfach in jede Wohnung, ohne wirkt es grau, steril, tot. Genau wie eine Welt ohne Bücher steril, grau und tot wirkt. Nur Information, nur die graue Information.

Das könnte noch ewig so weitergehen und ich hab noch lange nicht alles gesagt, aber das muss für’s Erste reichen.

Bücher sind ein Symbol des Wissens, der Macht. Symbole der Politik, ihr Verbrennen kann Symbol für Verfolgung und Ausgrenzung sein, das Wort auf Flugblättern ein Zeichen des Widerstandes, ein Buch in der Wüste ein Zeichen der Hoffnung, des Strebens.

Stellt euch mal vor, die Geschwister Scholl hätten mit Ipads oder USB-Sticks um sich geschmissen ; )

Ebooks haben viele sinnvolle Anwendungsbereiche, jedoch werden sie nie das gedruckte Wort verdrängen können.
Wie auch? Wie sollte die emulierte Darstellung, die Replika eines Buches, das echte Buch zum abdanken zwingen?
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Und was würde passieren, wenn der Strom für ein Jahr ausfiele?

Von sonnigen Tagen, Let’s Plays und pixeligen Acidtrips!

23 Sept

So ein schöner Tag, wohl einer der letzten richtig warmen Tage in diesem Jahr.
Freu mich auch schon sehr auf den Herbst, aber dann bitte ’nen schön farbigen, und nicht so n Mischmasch von Wetter, was uns die letzten Wochen vorgesetzt wurde.

Aber gerade an so ’nem schön sonnigen Tag, wo man mit’m Radel ins Büro rollt, hat man wieder Lust und Energie für andere Sachen – in meinem Falle nun um etwas, was ich seit Tage vor mir hergeschoben hab, zu schreiben. Kommen also heute erstmal 3 Artikel.
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Ich habe heute morgen von einem Freund einen Link zu einem heute Nacht veröffentlichten Let’s Play zu „LSD: Dream Emulator“ geschickt bekommen.

Ein Let’s Play-Video ist ein Video, in dem sich der Autor filmt, wie er das Game spielt, meißt lustig kommentiert und sehr spaßig anzuhören – PhunkRoyal ist einer dieser grandiosen Player. Gerade seine Metroidfusion-Let’s-Plays sind besser als viele Filme!

Wenn es ein „blind“ ist, bedeutet das nichts anderes, als dass der Spieler das Spiel vorher nicht gespielt hat.

Nach dieser grandiosen Randinfo mit großem Mitteilungsbedürfniss nun zum eigentlich Thema.

LSD: Dream Emulator!

Basierend auf den Traumtagebüchern von einem Mitarbeiter der Herstellerfirma Asmik Ace Entertainment entstand 1998 eines der wohl am seltsamsten anmutenden Spiele aller Zeiten.
Das Spiel ist episodenweise aufgebaut, wo jeder Tag ein Traum ist, der maximal 10 Minuten lang ist, jedoch endet, wenn man stirbt oder Schlüsselsequenzen erlebt.

LSD: Dream Emulator gibt dem Spieler keine wirkliche Aufgabe, mehr ist es ein virtueller Traum, ein virtueller Trip.
Man wird in eine nicht logische, surreale Welt hinein geworfen, ohne zu wissen, was vor sich geht, und erforscht und bestaunt diese. Dabei wirkt sich jede Sequenz weiterführend auf die folgenden Träume aus, in dem nach jedem Traum eine Auswertung entweder als „Upper“ oder „Downer“ endet.
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Gehört, dass es kurz vor der Jahrtausendwende so n Spiel angeblich in Japan gab, hatte ich schon, aber wieder völlig vergessen.
Umso mehr fasziniert war ich heute von diesem Let’s Play-Video.

Ich muss mir dringend eine Kopie davon beschaffen, das Spiel wirkt mutig, überwältigend, faszinierend und einzigartig, gerade die Neugierde und Gefühlswelt, die es weckt, lassen den Vergleich mit einer virtuellen Umsetzung eines Traumes nicht hinken. Prädikat „Künstlerisch wertvoll“ erteilt – und gerade die etwas angestaubte Grafik verleiht dem ganzen einen noch morbideren, wundersamen Charme.
Der Einsatz von Leere, schier endlosen Gängen und traumhaften Darstellungen hinterlässt seine ganz eigene Gefühlswelt.

Eine Seite, die das Spiel, seine Areale und Hintergründe sehr schön präsentiert ist http://www.mac.kadath.org/

Das Spiel ist zudem demnächst im japanischen Playstation Network erhältlich.

Kalt draussen…

16 Sept

Na, wenn das mal nicht der perfekte Einstieg in meinen Blog ist:
Ein Gespräch über’s Wetter.
Gibt es eine arschaischere Art, ein Gespräch zu beginnen, als über den eigenen Missmut gegenüber Petrus‘ Arbeit zu referrieren?

So oder so, mir ist mal kalt, mir ist mal warm, wie eben gerade die Sonne scheint – ist das unangenehm.

Nach diesem eklatant professionellen Einstieg nun erstmal ein herzerfrischendes „moin moin!“, ein freundliches „Guude!“ oder wie man Leser in den weiten des Internets eben begrüßt.
Damit sich alle angesprochen fühlen, bitte hier klicken.

Ich werde hier über mein Leben, meine Arbeiten oder auch einfach nur über den Bullshit, der in meinem Kopf rumschwirrt, schreiben, weiteres lest ihr in der Rubrik „Wer ist Floyó?“.

Aber wie es so oft ist, ebenso auch jetzt, wenn man was schreiben muss/will, kommt gerade kaum was bei raus, aber sonst hat man so viele Ideen – aber dann ist kein Internet in der Nähe.

Sodele, das war’s aber erstmal, weiteres folgt geschwind – jetzt ruft erstmal mein Ofen mit der Lasagne nach mir!

So long, liebe Grüße,
Floyó.